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Alle Schülerinnen der Marienschule Xanten waren mit vollem Einsatz dabei. Fotos: privat
8. Juli 2024 Von NN-Online · Xanten

Marienschülerinnen wachsen mit über sich hinaus

Große Emotionen beim Musical der Marienschule Xanten

XANTEN. „Sei hier Gast!“ – mit diesem Lied aus „Die Schöne und das Biest“ beginnt das diesjährige Musical der Chor-/Theater-AG der Marienschule. Und niemand der Gäste in der bis auf den letzten Platz besetzten Aula wird es bereuen, dieser Einladung der Schülerinnen - trotz Fußball-EM - gefolgt zu sein.

Denn nicht nur bei diesem Song geht der neu geschriebene Text plötzlich sehr zu Herzen und wird von den Mädchen auf das Zauberhafteste interpretiert. „Lies gute Bücher für die Tränentücher“ klingt zunächst wie eine rührende Aufforderung zum Lesen und gelungene Werbung für Buchhandlungen mit Seele und Atmosphäre, so wie Helen, die Hauptfigur des Stücks, eine führt. Das allein wäre ja schon eine Handlung für ein Bühnenstück wert, aber schnell wird klar, dass diese Aufführung mehr Tiefgang hat, sodass nicht nur die zahlreich erschienen Angehörigen der kleinen großen Schauspielerinnen selbige Tränentücher reichlich benutzen.

Große Schauspielerinnen? Tatsächlich war für die Zuschauer der letzten beiden Aufführungen in den Vorjahren eine Steigerung dessen, was man an den Theaterabenden erlebt, kaum möglich und doch haben die Mädchen es noch einmal geschafft, sich zu übertreffen. Sowohl die Qualität des Chorgesangs mit vielen mehrstimmigen Stücken und wahrlich beeindruckenden Solistinnen, als auch das Bühnenbild und die Kostüme sind eine neuerliche Steigerung.

Der Text stammt im Kern aus der Feder von Thomas Cöhnen und Ursula Funke der Liebfrauenschule in Geldern, die das Stück vor zwei Jahren aufgeführt hatte. Die unermüdlichen Proben der AG unter der Leitung von Kirsten Schwarz und Pascal Schäfer führte die Mädchen zu einer absolut beachtlichen gesanglichen Leistung. Das Bühnenbild entstand in einer freiwilligen AG von Schülerinnen unter der Leitung von Astrid Schilling in deren Freizeit.

Wenn man sich in Erinnerung rief, dass dieses faszinierende Stück in solcher Perfektion von zwölf- bis 16-jährigen Mädchen auf die Bühne gebracht wird, war man plötzlich doppelt ergriffen, denn längst hatte man als Zuschauer professionelle Maßstäbe angelegt und war gefangen von der atmosphärischen Dichte und eingetaucht in die Welt von Helens Geschichten. Kein Gedanke an die Kinder, die eine perfekte Beleuchtung für die Inszenierung steuerten oder an die ausgeklügelte Choreografie hinter der Bühne, die es auf engstem Raum schaffte, nicht nur 50 Mädchen in Chor und diversen Rollen punktgenau auf die Bühne zu bringen, sondern auch die großartige Ausstattung von Kostümen und Requisiten „an die Frau zu bringen“. So verschwamm für den, der sich darauf einlassen konnte, Fiktion und Wirklichkeit - ein Geschenk des Theaters, das längst nicht alle Inszenierungen in diesem Maße bieten.

Figuren werden Wirklichkeit

Sie wurden lebendig, die Figuren aus „Helens Geschichten“: Dornröschen, Pinocchio, Peter Pan, Sherlock Holmes und Harry Potter, die der schüchternen und introvertierten Helen in ihrer Fantasie eine Stütze sind, vor allem eine Hilfe gegen das Diktat ihrer Mutter, deren Ansprüchen Helen nie genügen kann. Wie dafür geschrieben fügen sich die oft nur minimal textlich angepassten Songs des Chores in das Stück: In „Blurry Eyes“ zeigt sich Helens ganze Unsicherheit: „Don’t say you`re not strong enough to love me just the way I am?“ Im Laufe des Stücks lernt Helen, dass sie die Figuren, die ihre Kindheit begleitet haben, abgeben und freilassen muss, um auch selbst zu Freiheit und Selbstbewusstsein zu gelangen. Nur schwer kann sie dem Angebot von Peter Pan widerstehen, für immer in der unbeschwerten Welt der Kindheit im Nimmerland zu bleiben. Durch neue Texte über „The Winner Takes It All“ von ABBA und „Like a Prayer“ (Madonna) werden die Zuschauer auf rührende Weise Zeugen des zuweilen schmerzhaften Prozesses des Erwachsenwerdens. „Wenn nur mehr Erwachsene die Welt aus der Sicht der Kinder sehen könnten…“ - hier können die Zuschauer es in doppelter Weise, nämlich durch die Rollen des Stückes und beim Blick in die Gesichter der Schülerinnen, die beim Spielen absolut über sich hinauswachsen.

Wenn Helen sich selbst findet, so ist es auch ein Abschied von den vertrauten Geschichten, der in wunderbaren Textstellen seinen Ausdruck findet: „Sei frei, sei stark und wunderbar … - und denk manchmal an uns.“ Ganz sicher! Ihr werdet uns lange in Erinnerung bleiben.

„Mit eurer Hilfe konnte ich zu der werden, die ich heute bin!“, sagt Helen gegen Ende des Stückes. „Umgeben von so viel Mut und Tatendrang konnte zu mir selbst finden.“ – Spätestens hier fragt man sich als Zuschauer, ob Helen spricht oder die Schülerin. Auch die Mädchen auf der Bühne merken, dass sie im Grunde sich selbst spielen, diese mutigen Marienschülerinnen, voller Tatandrang, gereift zu tollen Schauspielerinnen - an einer Schule, die genau dieses zum Ziel hat: Selbstbewusste junge Mädchen auf behutsame Weise in ihr selbstbestimmtes Leben zu führen.

In den Songs „Love my life“ (Robbie Williams) und „This is me!“ (aus „The Greatest Showman“) kommt Helens neues Selbstbewusstsein vertont zum Ausdruck. „I´m not scared to be seen! This is me!“ – sie müssen wirklich keine Angst haben, sich sehen zu lassen!

Ohne die Heldinnen aus der zweiten Reihe geht es ebenfalls nicht.

Ohne die Heldinnen aus der zweiten Reihe geht es ebenfalls nicht.

Auch die Ausstattung wusste zu überzeugen.

Auch die Ausstattung wusste zu überzeugen.

Alle Schülerinnen der Marienschule Xanten waren mit vollem Einsatz dabei. Fotos: privat

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