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Die Delegierten nehmen Bürgermeister Sebastian Hense stellvertretend für die Stadt Rees in die Hanse auf.Foto: Stadt Rees
21. Juni 2024 · Jacqueline Kurschatke · Rees

Willkommen in der Hanse

Delegierte würdigten 400 Jahre alte Handelsgeschichte und nahmen Rees in ihren Städtebund auf

REES. Wer an die Hanse denkt, hat vermutlich neben den großen Deutschen Städten Lübeck, Hamburg oder Bremen auch mittelalterliche Kaufleute in – für das 15. Jahrhundert – modischen Beinkleidern und Gewändern im Kopf. Sie alle prägten den Handel von kostbaren, und bis dato nie da gewesenen Stoffen aus Asien, Gewürzen aus Portugal und vieles mehr. Doch die Hanse ist nicht nur eine tote Hinterlassenschaft der Vergangenheit. Auch heute pflegen historische Städte auf der ganzen Welt ihre Beziehungen vor dem Hintergrund einer gemeinsamen, 400-Jahre alten, Handelsgeschichte. Der Städtebund „Die Hanse“ existiert wieder seit 1980 und zählt seit einigen Tagen ein neues Mitglied dazu: Die Stadt Rees.

Damit ist Rees neben Kalkar, Wesel, Emmerich und Neuss das fünfte Hanse-Mitglied am Niederrhein. Nun wird eventuell die Frage laut: Warum jetzt? Immerhin liegt Rees nicht erst seit gestern (tatsächlich nämlich schon seit etwa 796 Jahren) am Rhein. Bürgermeister Sebastian Hense hat darauf eine klare Antwort. So genau wisse man nicht wieso, aber „ich bin jetzt seit einem Jahr Bürgermeister, und schneller ging es nicht“, erklärt er lachend. Es sei aber von Anfang an ein persönliches Anliegen von Hense gewesen, dieser Geschichte nachzugehen. Nicht zuletzt auch durch viele Anstöße interessierter Bürger und dem Geschichtsverein „Ressa“.

Der Prozess um Hansemitglied zu werden ist nicht einfach mit einer Bewerbung getan. Es braucht eine nachweisbare historische Zugehörigkeit zur Hanse in ihrer Blütezeit: der Renaissance und frühen Neuzeit. Um diese Nachweise zu erbringen, musste jemand Bestimmtes her: Ein extra Hansebeauftragter für die Stadt Rees. Diesen Job sollte Veit Veltzke übernehmen. „Da hat die Stadt Rees einen guten Griff gemacht“, kommentiert Hense. „Veit Veltzke ist Experte für die Hanse und Leiter des LVR-Museums in Wesel.“

Die Idee war da, dem Votum des Stadtrates für einen Antrag an die Hanse zur Aufnahme in den Städtebund habe ebenfalls nichts im Weg gestanden. So konnte die Recherche losgehen. Dafür durchforstete Veltzke Stadtarchive und geschichtsträchtige Orte. Nach und nach entstand sein wissenschaftlicher Aufsatz „Rees und seine Handelsbeziehungen“. „Ich habe mich mit dem Thema extra sehr breit befasst, um zu zeigen, welches Potenzial in Rees als Hansestadt und den Beziehungen zu anderen Hansestädten in Europa steckte“, erklärt der Historiker.

Demnach sei Rees nicht nur sehr lange und bis zu ihrem Ende Mitglied in der „Klevischen Hanse“ gewesen, es habe sich auch sehr für die Hansestadt gelohnt: „Das 15. und 16. Jahrhundert, war die Blütezeit von Rees. Eine Hansestadt zahlte früher Beiträge an ihre Landesherren und bekam so ihre sogenannte ‚Hansefreiheit‘. Das bedeutete, dass die Hansestädte selbst über ihr Schicksal bestimmen konnten. Aus den regelmäßigen Beiträgen der Stadt Rees lässt sich schließen, dass sie eine der bedeutendsten Beistädte in der von Wesel geführten klevischen Städtehanse war“, berichtet Veltzke von seinen Ergebnissen.

Des Weiteren habe Rees zu einer Allianz mit anderen Städten aus den Herzogtümern Geldern und Kleve sowie der Region Overijssel gehört. Gemeinsam konnten sie ihre eigenen Interessen innerhalb der Hanse, unabhängig von Lübeck oder Köln vertreten.

Nachweislich habe Rees im 15. Jahrhundert außerdem Handelsbeziehungen im hansischen Ostseeraum geführt. Dafür spreche die Ansiedlung der führenden Reeser Handelsfamilie „von Reesen“ an der nordöstlichen Ostsee. „Um 1500 zählten sie zu den bedeutendsten Fernhändlerfamilien Danzigs. Ihre Beziehungen reichten bis nach Portugal“, erklärt Veltzke weiter.

Die Erbringung dieser und weiterer Nachweise konnte schließlich in Lübeck geprüft werden. Am 44. Hansetag in Danzig sollte dann bei einer Versammlung in der Johanniskirche von Delegierten aller Hanse-Mitgliedstädte über den Antrag der Stadt Rees entschieden werden. Mit Erfolg. Die Hansevertreter aus Ländern wie Finnland, Polen, den Niederlanden, Schweden, Spanien und mehr, hoben bei der Abstimmung ein grünes Kärtchen. Die Stadt Rees war nun offizielles Mitglied in der Hanse.

Einen Gewinn sieht Bürgermeister Hense in der Erweiterung des städtischen Netzwerks. „Wir möchten uns besonders mit den niederländischen Kollegen zusammentun, um die gemeinsame Geschichte aufzuarbeiten. Die Hanse zeugte von grenzübergreifenden freundlichen Beziehungen und das ist auch heute noch so. Es gibt bei uns aktuell kein Museum, das die Hanse thematisiert. Das soll sich langsam ändern.“ Jörn Franken, Leiter der Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Rees ergänzt: „Rees bietet Veranstaltungen wie das Stadtfest, einen Weihnachtsmarkt und mehr. Wir könnten uns vorstellen, das Thema Hanse auch dort mit einzubringen.“

Und die Hanse hat noch weitere Vorteile. So gebe es einen Zugang zu Fördermitteln, die auch jungen Menschen zu Gute kommen könnten. Die Hansestädte könnten zum Beispiel Auszubildende an einem Austauschprojekt teilnehmen lassen. Damit könnten diese für eine Woche eine andere Stadt kennenlernen.

Jacqueline Kurschatke

Die Delegierten nehmen Bürgermeister Sebastian Hense stellvertretend für die Stadt Rees in die Hanse auf.Foto: Stadt Rees

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