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Mike Kartheuser (l.) und Edgar Grunert (2.v.l.) mit spanischen Fans vor dem Anpfiff des EM-Spiels zwischen Spanien und Italien in Gelsenkirchen. Foto: privat
26. Juni 2024 · Sabrina Peters · Niederrhein

Voller Einsatz bei der Heim-Europameisterschaft

Edgar „Edi“ Grunert und Mike Kartheuser sind „Volunteere“ in der Arena in Gelsenkirchen / Heute Abend haben sie ihren nächsten Einsatz bei der EM 2024

VEEN/SONSBECK. Wenn ausländische Fußballs-Fans an der Arena in Gelsenkirchen ihren richtigen Eingang suchen, um zu ihren Plätzen ins Stadion zu gelangen, sind Edgar „Edi“ Grunert aus Veen und Mike Kartheuser aus Sonsbeck zur Stelle. Sie sind aktuell sogenannte „Volunteers“ (zu deutsch: Freiwillige) bei der aktuell laufenden Europameisterschaft (EM/EURO) 2024 in Deutschland. „Wir sind für die gute Laune da und um die Fans vor dem Stadion in Empfang zu nehmen. Für sie sind wir der erste wichtige Anlaufpunkt – immerhin kennen sich 90 Prozent von ihnen an unseren deutschen Stadien nicht aus“, erklärt Grunert.

In ihren leuchtend grünen Polo-Shirts mit dem Logo der Europameisterschaft sind sie vor den Stadien sofort zu erkennen. Insgesamt 16.000 „Volunteers“ gibt es zur EM 2024. Aufgeteilt sind sie auf alle zehn Stadien. Die Arena in Gelsenkirchen – das Wohnzimmer von Zweitligist FC Schalke 04 – ist eines davon. „Dort sind etwa 1400 ,Volunteers‘ im Einsatz“, sagt Grunert, der zusammen mit Kartheuser zu diesen ehrenamtlich tätigen Freiwilligen gehört, die aktuell zu einem reibungslosen Ablauf der Europameisterschaft in Deutschland beitragen.

Beworben haben sich beide unabhängig voneinander im Sommer vergangenen Jahres. „Man musste angeben, warum man das machen möchte und was einen befähigt. Dann wurde eine engere Auswahl getroffen und man wurde zu einem Interview eingeladen – in meinem Fall war es ein Zoom-Meeting“, berichtet Grunert. Ende des Jahres bekam er dann die Rückmeldung, dass er als einer von 16.000 „Volunteers“ bei der EM 2024 in Deutschland dabei ist. Anfang des Jahres wurden wir dann zu vier Einweisungs-Veranstaltungen geladen – unter anderem mit einem großzügigen Rundgang durch die Arena in Gelsenkirchen. „Man muss ja wissen, wo alles ist. Auch wenn ich als Schalke-Fan das Stadion sehr gut kenne, ist bei der EM manches anders. Die ,Glück auf-Loge‘ heißt bei der EM etwa ,Good luck-Loge‘“, verrät Grunert. Auch die auf Schalke so berüchtigte Nordkurve gibt es aktuell nicht. Sie ist einfach die Nordtribüne – übrigens ohne Stehplätze. Denn diese sind bei der EURO 2024 nicht zugelassen.

Für „Edi“ Grunert ist es übrigens nicht sein erster Einsatz als „Volunteer“ eines Groß-Turniers. Schon bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, dem damaligen „Sommermärchen“, war er im Stadion in Köln dabei. „Als Schalke-Fan wollte ich nun unbedingt in Gelsenkirchen stationiert werden“, sagt Grunert. Die Heim-EM 2024 wollte er sich schließlich auf keinen Fall entgehen lassen. „Das ist schon etwas Einmaliges“, betont der 63-Jährige. Als Fußball-Fan sei die Bewerbung, auf die er durch ein Rundschreiben des DFB (Deutscher Fußball-Bund; Anm. d. Red.) an seinen Heimatverein Borussia Veen aufmerksam wurde, deshalb ein Muss gewesen. „Es ist mir einfach eine Ehre, das machen zu dürfen. Ich mache das, weil ich sehr viel Freude und Spaß daran habe“, sagt Grunert. Entlohnt werden die „Volunteers“ zumindest finanziell für ihren Einsatz nicht. Außer einem „Koffer voll Kleidung“, die nirgendwo erworben werden könne, und einen Rucksack bekämen die „Volunteers“ keine Entschädigung – dafür aber unvergessliche Eindrücke vor und aus den Stadien, die sie als Teil der EURO 2024 sammeln können.

Grunert und Kartheuser haben sich bewusst für den Bereich vor dem Stadion beworben. „Es gibt auch ,Volunteers‘, die etwa im Ticketing und in der Akkreditierung tätig sind. Sie sitzen nur am PC – das war nichts für mich“, sagt Grunert. Die Gäste vor dem Stadion im Empfang zu nehmen, sei viel mehr sein Ding gewesen. „Man lernt so viele unterschiedliche Leute kennen. Das macht einfach Spaß. Wichtig ist nur, dass man ein offener Mensch ist. Wir sind angehalten, auch pro aktiv auf die Fans zuzugehen, wenn wir merken, dass sie eine Frage haben könnten“, berichtet Grunert. Vor dem Spiel, während der Halbzeitpause und nach dem Spiel weisen sie den ausländischen Fans etwa den Weg zur Toilette, zu ihren Plätzen, zu den S-Bahnen oder – ganz wichtig – zum nächsten Bierstand. „Ganz viele wollen aber auch einfach nur Fotos mit uns machen“, sagt Grunert. Manchmal werden sogar die „Volunteers“ zu Fotografen: „Einen Familienvater habe ich etwa angesprochen, ob ich ein Foto von ihm und seiner Familie machen soll. Da ich die besten Fotopunkte kenne, habe ich die Familie direkt optimal positioniert – und sie waren ganz begeistert.“

Die Erfahrungen, die beide in den bisherigen in Gelsenkirchen ausgetragenen Gruppenspielen zwischen Serbien und England sowie Spanien und Italien gemacht haben, seien durchweg positiv gewesen. „Die Fußball-Fans sind sehr gut drauf und friedlich“, sagt Grunert. Unterschiede zwischen den Nationalitäten seien aber schon zu erkennen. „Die Spanier und Italiener waren beide wirklich mit sehr viel Leidenschaft dabei – die Spanier sogar noch einen Tick mehr. Bei den Italienern hat man gemerkt, ob es Italiener aus Italien waren oder Italiener, die schon in der zweiten Generation hier leben. Die zugereisten Italiener waren chaotischer und lustiger. Die hier lebenden waren strukturierter und organisierter“, erläutert Grunert. Sie hätten offenbar die deutschen Tugenden mittlerweile angenommen.

Einen Gänsehaut-Moment habe er besonders bei der italienischen Hymne gehabt. „Die ist ja wie eine Oper – und die Italiener singen sie mit voller Inbrunst mit. Da hatte ich Tränen in den Augen“, verrät der passionierte Fußball-Fan. Den Frust über die 0:1-Niederlage durch ein sehr unglückliches Knie-Eigentor nach einem insgesamt schwachen Spiel des Titelverteidigers, hätten die italienischen Fans lautstark an ihrer Mannschaft nach dem Abpfiff ausgelassen. Bei allen Emotionen sei aber alles so friedlich verlaufen, dass Grunert und Kartheuser etwa eine Stunde nach Spielende und einem insgesamt mehr als achtstündigen Einsatz pünktlich Feierabend machen konnten.

Noch zwei Spiele

Heute Abend sind beide beim dritten Gruppenspiel zwischen Georgien und Portugal (Anpfiff: 21 Uhr) in der „Arena Auf Schalke“, wie sie zur EURO 24 offiziell heißt, in Gelsenkirchen erneut im Einsatz. Am kommenden Sonntag, 30. Juni, findet um 18 Uhr mit einem Achtelfinal-Spiel die letzte Begegnung in Gelsenkirchen statt. Dann endet auch die „Volunteers“-Zeit von Grunert und Kartheuser bei der diesjährigen Europameisterschaft. „Dieses Mal wollen wir nach Spielende noch richtig mit den Fans feiern“, verrät Grunert. Immerhin sei dies der Abschluss einer einmaligen Erfahrung bei einer der größten Sportveranstaltungen der Welt in ihrem Heimatland. „Diese Erlebnisse hätte ich nicht einmal als normaler Fan im Stadion machen können“, betont der 63-Jährige und ergänzt abschließend: „Ohne uns ,Volunteere‘ wäre die Durchführung eines Turniers wie die Europameisterschaft gar nicht möglich.“

Sabrina Peters

Mike Kartheuser (l.) und Edgar Grunert (2.v.l.) mit spanischen Fans vor dem Anpfiff des EM-Spiels zwischen Spanien und Italien in Gelsenkirchen. Foto: privat

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