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Vor einer ungewissen Zukunft steht das Emmericher Krankenhaus. NN-Archivfoto: Michael Bühs
29. Mai 2024 Von NN-Online · Emmerich

Insolvenzverfahren für Willibrord-Spital beantragt

Betrieb im Emmericher Krankenhaus läuft weiter

EMMERICH. Die St.-Willibrord-Spital Emmerich-Rees gGmbH, ein Konzernunternehmen der pro-homine-Gruppe, das Träger des St.-Willibrord-Spitals in Emmerich ist, hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht in Kleve gestellt.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Leistungs- und Erlössituation des St.-Willibrord-Spitals in Emmerich sah sich die Geschäftsführung gezwungen, den Insolvenzantrag zu stellen. Die Erlöse aus Leistungen des Krankenhauses sind trotz eines außerordentlichen Engagements aller Mitarbeitenden im Jahr 2024 weiter rückläufig bei gleichzeitig steigenden Kosten.

„Das ist ein schwerer Schlag für die 543 Mitarbeitenden sowie 46 Auszubildenden und für uns alle ein bitterer Tag im St.-Willibrord-Spital. Aber die dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation aufgrund rückläufiger Patientenzahlen, insbesondere während der letzten beiden Monate, lässt uns keine Wahl“, so Karl-Ferdinand von Fürstenberg, Geschäftsführer der pro homine. Zu diesem Verbund gehört das St.-Willibrord-Spital seit 2003, dem Gründungsjahr der pro homine.

Das Insolvenzverfahren beschränkt sich ausschließlich auf die St.-Willibrord-Spital Emmerich-Rees gGmbH. Weitere Gesellschaften und Einrichtungen der pro-homine-Gruppe sind nicht betroffen.

Alternativen außerhalb eines Insolvenzverfahrens waren kurzfristig nicht realisierbar. Insbesondere die Vorschläge des Bundes zur Gesundheitsreform sind heute noch zu wenig konkret, als dass sich daraus bereits jetzt eine positive Perspektive für die Zukunft belastbar ableiten ließe. Der Bund ist nicht bereit, die Inflationseffekte in den Kliniken auszugleichen, obwohl er die aktuelle Defizitkrise der Krankenhäuser ausdrücklich anerkennt.

Der Betrieb des Krankenhauses in Emmerich wird unverändert weitergeführt. Das Gericht hat einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, welcher den Betrieb des Krankenhauses im Insolvenzverfahren steuern wird.

Die pro-homine-Gruppe betreibt insgesamt zwei Krankenhäuser, neun Altenhilfeeinrichtungen sowie ein Medizinisches Versorgungszentrum mit acht Kassenärztlichen Sitzen sowie ein Gesundheitszentrum. Insgesamt sind mehr als 3.000 Menschen in der Gruppe beschäftigt.

Reaktionen der Parteien

Nach der Bekanntmachung über den Insolvenzantrag für das Willibrord-Spital haben zahlreiche Emmericher Parteien mit Statements darauf reagiert. Alle betonen, an der Seite der Beschäftigten und Patienten zu stehen und fordern gemeinsame Anstrengungen, um Lösungen für den Erhalt des Spitals zu finden.

Mit Bestürzung hat die Emmericher SPD-Fraktion vom Insolvenzantrag des Spitals erfahren. „Diese Nachricht trifft uns sehr und führt uns die prekären Zustände unseres Gesundheitssystems erneut vor Augen“, sagt die Fraktions-Vorsitzende Meike Schnake-Rupp, die ergänzt: „Das Krankenhaus in Emmerich ist eine essenzielle Einrichtung für die medizinische Versorgung der Emmericher Bevölkerung und ein bedeutender Arbeitgeber in unserer Stadt.“ Die Emmericher Sozialdemokraten appellieren an alle Beteiligten – besonders an die Krankenhausleitung, die Gesellschafter, den Insolvenzverwalter, die Politik auf allen Ebenen und die Gesundheitsbehörden –, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, die sowohl die Arbeitsplätze der Beschäftigten als auch die Gesundheitsversorgung in Emmerich sichert. „Wir erwarten, dass alle Maßnahmen ergriffen werden, um den Fortbestand des Krankenhauses zu ermöglichen“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Daniel Klösters. „Ein Wegfall des Krankenhauses würde nicht nur die örtliche Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, sondern auch die lokale Wirtschaft und die sozialen Strukturen in unser Stadt gefährden“, befürchtet Jan Ludwig, stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Die Emmericher SPD betont, dass sie „fest an der Seite der Beschäftigten des Krankenhauses“ stehe. „Wir werden mit Nachdruck für die Sicherung der Arbeitsplätze einsetzen. Unsere volle Solidarität gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Angehörigen“, sagt die stellvertretende Fraktions-Vorsitzende Lisa Braun, die fordert: „Die Beschäftigten und ihre Familien brauchen schnell Klarheit hinsichtlich der Zukunft des Emmericher Krankenhauses.“

Die CDU Emmerich bedauert zutiefst den Insolvenzantrag des Emmericher Krankenhauses und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung vor Ort. Die Schließung des Krankenhauses hätte weitreichende Konsequenzen für die Bevölkerung. „Wir sind uns der Bedeutung eines funktionierenden Gesundheitssystems bewusst und erachten es als das Wichtigste, dass nun alle Beteiligten Hand in Hand zusammenarbeiten, um diese Herausforderung in den kommenden Wochen und Monaten zu bewältigen und das Krankenhaus zu erhalten“, teilt die CDU mit. „Besonders wichtig ist dabei auch der Verbleib einer Notfallambulanz in Emmerich.“ Man stehe an der Seite der Mitarbeiter des Krankenhauses und Patienten und werde sich „für eine nachhaltige Lösung einsetzen. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam konstruktive Wege finden, um diese schwierige Situation zu bewältigen und die Gesundheitsinfrastruktur in Emmerich zu stärken.“

Auch die Bürgergemeinschaft Emmerich (BGE) zeigt sich „sehr betroffen, dass nach der kurzfristigen Absage der Sonder-Ratssitzung vom 21. März bereits zwei Monate später ein Insolvenzverfahren beim Emmericher Krankenhaus eingetreten ist. Hier hat die Geschäftsführung gegenüber der Kommunalpolitik, vor allem aber gegenüber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nicht mit offenen Karten gespielt.“ Weiter teilt der BGE-Fraktionsvorsitzende Joachim Sigmund mit: „Ein Kahlschlag bei den Krankenhäusern im ländlichen Raum können wir uns gesamtgesellschaftlich und unter Berücksichtigung der geopolitischen Lage in Europa nicht leisten. Das Krankenhaus in Emmerich gehört [...] öffentlichen Daseinsfürsorge. Hierzu besteht hoffentlich gesamtgesellschaftlicher und -politischer Konsens.“

Alle Ebenen, das heißt Bund, Land, Kommunen und das Bistum, müssen laut Christopher Papendorf, Vereinsvorsitzende der BGE, nun „gemeinsam an einem Strang ziehen“. Man müsse nun „gemeinsam handeln. Wir dürfen nicht erst die Ergebnisse des Insolvenzverfahrens abwarten, sonst sind viele Mitarbeiter auf Dauer verloren und so ein Betrieb des Krankenhauses tatsächlich nicht mehr möglich“, so Papendorf weiter. Weiter spricht man bei der BGE von einem „aktiven Krisenmanagement“, das gefordert sei. „Wir brauchen das Emmericher Krankenhaus mit den Fähigkeiten einer Notfallversorgung auf einem hohen medizinischen Standard. Die BGE wird sich für den Erhalt des Emmericher Krankenhauses als Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge nachdrücklich einsetzen“, kündigt Sigmund an.

Mit großer Besorgnis haben die Freien Wähler (FW) Emmerich die Nachricht von der Insolvenz des Willibrord-Spitals zur Kenntnis genommen. „Diese Entwicklung trifft nicht nur die Mitarbeiter des Krankenhauses, sondern auch die gesamte Bevölkerung von Emmerich und Umgebung, die auf eine wohnortnahe medizinische Versorgung angewiesen ist“, teilen die FWE mit. „Es wäre unredlich und populistisch zu behaupten, dass die lokale Politik direkten Einfluss auf solche wirtschaftlichen Entwicklungen in der Gesundheitsbranche hat. Die Ursachen für die Insolvenz sind vielfältig und komplex und liegen außerhalb des kommunalen Einflussbereichs.“ Als FWE stehe man fest zum Krankenhaus und dessen Bedeutung für die medizinische Nahversorgung. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass Emmerich auch in Zukunft gut medizinisch versorgt bleibt. Es ist nun entscheidend, dass alle Beteiligten – Stadt, Land, Krankenhausleitung und die Bevölkerung – gemeinsam nach Lösungen suchen, um die medizinische Versorgung in unserer Region zu sichern.“ Man werde alle möglichen Maßnahmen unterstützen, um die bestmögliche Lösung für das Willibrord-Spital und die Gesundheitsversorgung in Emmerich zu finden.

Vor einer ungewissen Zukunft steht das Emmericher Krankenhaus. NN-Archivfoto: Michael Bühs

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