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Der Nationalpark Hoge Veluwe umfasst 5.400 Hektar pure Natur mit Wäldern, Heide, Sand und Mooren. NN-Foto: Verena Schade
13. Juli 2024 · Verena Schade · Niederlande

„Into the wild“ gleich nebenan

Ein Besuch der Hoge Veluwe und des Kröller-Müller-Museums lohnt sich

NIEDERRHEIN. Sie hatte Vermögen und liebte es auszureiten, er war passionierter Jäger: Wer den Nationalpark de Hoge Veluwe bei Arnheim in der niederländischen Provinz Gelderland besucht, kann gut nachempfinden, was Helene Kröller-Müller und ihren Mann Anton dazu bewogen hat, gut 6.000 Hektar Land auf der Veluwe aufzukaufen und sich fernab des Den Haager Trubels einen Sommersitz einzurichten. Hier erfüllte sich Helene ihren Traum und eröffnete 1938, ein Jahr vor ihrem Tod, das Kröller-Müller-Museum. Denn ihre große Leidenschaft galt (neben der Natur) der modernen Kunst: Im Laufe der Jahre kaufte das Ehepaar fast 11.500 Kunstwerke an. Ihre Privatsammlung zählt zu den größten des 20. Jahrhunderts.

„Das hier war das erste Werk, das Helene für ihre Sammlung erworben hat“, sagt Iris Maalderink und zeigt auf „Il vient de loin“, ein Landschaftsbild des holländischen Impressionisten Paul Gabriël, das um 1887 entstanden ist. „Es zeigt die neue und die alte Zeit“, erklärt die Kunsthistorikerin, die regelmäßig deutsche Besucher durch das Museum (www.krollermuller.nl)führt. Im nächsten Ausstellungsraum sticht das neoimpressionistische „Le Chahut“ von Georges Seurat heraus. „Das ist das teuerste Bild“, weiß Iris und macht auf die steigenden Linien und die minutiös gestrichelten Tupfen, Linien und Farbkombinationen aufmerksam, die dem Gemälde Lebendigkeit verleihen.

Im Museum und im Skulpturenpark lässt sich jede Menge Kunst entdecken.
Im Museum und im Skulpturenpark lässt sich jede Menge Kunst entdecken.

Dann geht es in den „Kern“ des Museums zu den Bildern von Vincent van Gogh. „Helene hat 90 Gemälde gekauft – wir haben hier zwar nicht die größte, aber ganz bestimmt die schönste Sammlung“, findet Iris. Dank der Fülle an Werken lässt sich die Entwicklung von van Goghs Malstil nachvollziehen. Während „Die Kartoffelesser“ aus dem Jahr 1885 in düsteren Farben das karge Leben einer Bauernfamilie skizziert, wirken die Landschaften, die van Gogh nur zwei Jahre danach in Frankreich malt, weit freundlicher. „In Paris hat er die Impressionisten kennengelernt und anschließend viel experimentiert“, erzählt Iris und zeigt auf „Vier verblühte Sonnenblumen“, ein Bild, das 1887 in Paris entstanden ist. „Das war eines von Helenes Lieblingsgemälden und wurde nach ihrem Tod mit ihr im Museum aufgebahrt.“

Während van Goghs Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt in der Provence (nach dem berühmten Vorfall mit dem abgeschnittenen Ohr) ist das Bild „Olivenhain“ (1989) entstanden. „Hier kann man noch die Spuren von Insekten sehen, die über die frische Farbe gelaufen sind“, sagt Iris. Piet Mondrian, Henry Moore, Claude Monet, Anselm Kiefer, Bart van der Leck, Pablo Picasso, Paul Cézanne, Christo – sie und viele mehr haben hier ihre Spuren hinterlassen. Für die Fülle an Kunst, die sich im (später um Anbauten erweiterten) Museum und im großen Skulpturengarten findet, sollte man in jedem Fall Zeit einplanen. Schließlich geht es ums Genießen. „Das war Helenes Vorstellung: Die Kunst inmitten der Natur in Ruhe genießen und auf sich wirken lassen“, sagt Iris.

De Hoge Veluwe

„Im Juni und Juli hat der Park bis 22 Uhr geöffnet“, sagt Ineke van Meggelen. Sie mag die langen Sommerabende, wenn sich die Tiere zeigen und Ruhe einkehrt. Ineke ist eine von rund 350 überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeitern, die in de Hoge Veluwe (hogeveluwe.nl) beschäftigt sind. „Es gibt welche, die Führungen machen oder in unserem Naturkundemuseum Fragen beantworten, andere kümmern sich um die Pflege der Flächen und wieder andere halten die Fahrräder in Schuss“, erklärt sie.

Der Nationalpark De Hoge Veluwe ist der perfekte Ort, um die Seele baumeln zu la...
Der Nationalpark De Hoge Veluwe ist der perfekte Ort, um die Seele baumeln zu lassen.

Am Besucherzentrum des gut 5.400 Hektar großen Nationalparks, hier gibt es auch einen großen Spielplatz und ein Restaurant, erzählt Ineke von Wildschweinen, die einst zur Jagd aus Luxemburg importiert wurden, von Schafen aus Korsika und Rothirschen aus Deutschland, von Füchsen und Dachsen. „Ursprünglich sollen auch Kängurus aus Australien hier angesiedelt worden sein, aber die waren wohl schnell verschwunden“, sagt die Biologin, die keinen Hehl daraus macht, dass ihr die vor einigen Jahren unaufgefordert zugezogenen Wölfe nicht unbedingt am Herzen liegen. Den Mufflons vermutlich auch nicht, denn von gut 300 Exemplaren sind nur noch um die 30 übrig.

Mit den weißen Rädern – davon gibt es an die 1.000 Stück, die an den drei Eingängen, am Museum und weiteren „Hotspots“ für die Besucher zur Verfügung stehen – geht es schließlich zum Jagdschloss der Kröller-Müllers, das heute Regierungsgästen zur Verfügung steht, zu einigen Terminen aber auch besichtigt werden kann. Als Domizil für Gäste wurde es anfänglich ebenfalls genutzt, „aber später haben Helene und Anton hier auch gewohnt“, sagt Ineke.

40 Kilometer Wegenetz

Auf dem Weg zu dem von Hendrikus Petrus Berlage entworfenen Jagdhaus mit dem imposanten Turm („Helene hat es wohl geliebt, einen weiten Blick über ihr Land zu haben“) geht es vorbei an saftigen Wiesen, dichten Wäldern und kargen Heideflächen - das gut ausgebaute Wegenetz ist über 40 Kilometer lang und lädt zum Radfahren und Spazierengehen ein.

Unterwegs hält Ineke an einem schlammigen Teich und zeigt auf die umstehenden Bäume: „Hier wälzen sich die Wildschweine im Schlamm, um sich vor der Sonne und Parasiten zu schützen und an den Bäumen schubbern sie die Krusten ab und versorgen sich mit Harz – das wirkt antiseptisch und ist gut bei Wunden.“ Die Wildschweine sieht man am hellichten Tag nicht unbedingt. Dafür aber zahlreiche durchwühlte Flächen, die darauf schließen lassen, dass es hier wohl eine ganze Menge von ihnen gibt. „Am späten Nachmittag kann man die Hirsche in größeren Gruppen auf den Wiesen beobachten“, sagt Ineke beim Weiterfahren. Am Wiesenrand haben es sich mit Ferngläsern ausgerüstete Besucher auf Klappstühlen bequem gemacht, um das nicht zu verpassen. „Im Herbst, wenn Brunftzeit ist, wird mitunter erbittert gekämpft“, weiß Ineke. Dann wimmelt es hier von Fotografen, die auf spektakuläre Aufnahmen hoffen.

Besucher aus aller Welt

Mit jährlich rund 500.000 Besuchern aus aller Welt ist De Hoge Veluwe, nicht zuletzt wegen des Museums, ein echtes Highlight für Kultur- und Naturfreunde. Bewirtschaftet wird der Nationalpark seit 1935 von einer Stiftung. „Im Zuge der Wirtschaftskrise hat die Familie Kröller-Müller ihren Besitz an den Staat übertragen und damit für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht“, erzählt Ineke. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Museum als Lazarett genutzt. An den Wochenenden und in den niederländischen Ferien gibt es Veranstaltungen zu verschiedenen Themenschwerpunkten, dazu Workshops und Führungen. Eine Übersicht findet man auf der Internetseite des Parks. Ein Ausflug lohnt sich aber auch ganz ohne Programm, denn die „grüne Schatzkammer der Niederlande“ bietet reichlich Abwechslung – für jeden Geschmack.

Verweilen in der Region

Wer den Park besuchen und noch etwas mehr Zeit in der Region verbringen möchte, findet in der Umgebung ein breit gefächertes Angebot an Unterkünften. Wer es naturnah und nachhaltig mag, ist etwa im „Glamping-only“ Ferienpark Buitenplaats Beekhuizen (www.buitenplaatsbeekhuizen.nl) bestens aufgehoben. Hier gibt es, mitten im Wald, kleine Holzhäuser oder auch große Lodge-Zelte – und vor allem eines: Ruhe. Während sich tagsüber Familien mit Kindern auf dem Spielplatz oder an der Matsch-Wasser-Anlage tummeln, sind es nachts die Hasen und Rehe, die neugierig um die Hütten herumlaufen und auch schon mal unvermittelt durchs Fenster reinschauen. Im hinteren Bereich gibt es ein eigenes Areal für Gäste mit Hunden. Sie können direkt durchs „Hintertürchen“ das Gelände verlassen und durch die Natur streifen.

Mitten in der Natur lässt sich hier verweilen. Zum Buitenplaats Beekhuizen gehör...
Mitten in der Natur lässt sich hier verweilen. Zum Buitenplaats Beekhuizen gehört auch das Restaurant Woodz, das auch Tagesgäste empfängt

Am Parkeingang befindet sich das Restaurant Woodz, das vom Frühstücks-Bring-Service bis zum Abendessen dafür sorgt, dass es an nichts fehlt. Und wer doch etwas mehr Trubel braucht, schwingt sich einfach aufs Rad. Die Innenstadt von Arnheim ist nur wenige Kilometer entfernt. Mehr Tipps für Ausflüge in der Region findet man unter www.das-andere-holland.de.

Der Nationalpark Hoge Veluwe umfasst 5.400 Hektar pure Natur mit Wäldern, Heide, Sand und Mooren. NN-Foto: Verena Schade