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Über den Dächern des Wunderlands: Walter Brüker am Riesenrad, einem seiner Lieblings-Fahrgeschäfte im Familienpark. NN-Foto: MB
9. Juni 2024 · Michael Bühs · Niederrhein

„Ich kann Auto, Flugzeug und Eisenbahn“

Pensionär Walter Brüker (65) arbeitet als Minijobber im Wunderland Kalkar

NIEDERRHEIN. Zum ersten Mal steht Walter Brüker im Jahr 1976 auf dem Gelände des heutigen Wunderlands Kalkar. „Die Brüter-Betriebsgesellschaft hatte uns eingeladen“, erzählt der heute 62-Jährige. „Ein Ingenieur hat uns alles erklärt – aber wir haben mit 15 nichts verstanden.“ Es war die Zeit der großen Demos gegen die Inbetriebnahme des AKW. Heute ist Brüker nicht mehr Schüler, sondern Pensionär. Aus dem Brüter ist ein Freizeitpark mit Hotel und Messegelände geworden. Und vor fünf Jahren haben beide wieder zueinandergefunden: Denn Brüker arbeitet als Minijobber im Wunderland.

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Minijobs: Kurzfristige Beschäftigungen und Minijobs mit Verdienstgrenze. Eine kurzfristige Beschäftigung darf im Laufe eines Kalenderjahres nicht mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage dauern. Der Job ist also nicht dauerhaft oder regelmäßig, sondern nur gelegentlich. Die Höhe des Verdienstes spielt dabei keine Rolle. Beträgt der Verdienst mehr als 538 Euro monatlich ist zusätzlich zu prüfen, ob Berufsmäßigkeit vorliegt. Minijobber mit einem Minijob mit Verdienstgrenze üben eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aus. Wichtig ist: Sie dürfen durchschnittlich im Monat nicht mehr als 538 Euro verdienen. Auf ein Jahr gerechnet sind das bis zu 6.456 Euro. Wann, wie oft und wie lange gearbeitet wird, spielt dabei keine Rolle und kann flexibel gestaltet werden. Es ist jedoch der gesetzliche Mindestlohn (derzeit 12,41 Euro) einzuhalten.

Walter Brüker hat durch einen Kollegen den Weg zum Wunderland gefunden und schätzt an seinem Minijob unter anderem die Flexibilität. „Es gibt keinen allzu starren Schichtplan, den man lange im Vorfeld planen muss. Dazu muss ich nicht immer förmlich Urlaub beantragen. Das ist ein großer Vorteil, da ich noch ein paar Ehrenämter ausübe, für die ich so auch Zeit habe“, freut sich Brüker.

Dies ist jedoch nur ein Aspekt. Hinzu komme, dass der Minijob für ihn als Pensionär auch finanziell interessant sei. „Vor allem aber kann ich soziale Kontakte pflegen – zum Publikum, zu Kollegen und zu Vorgesetzten“. Dass er nicht nur Niederländisch flüssig spricht, sondern auch etwas Polnisch, hilft ihm hier ebenfalls weiter.

Walter Brüker wird überwiegend im Familienpark eingesetzt, bedient hier die zahlreichen Fahrgeschäfte. „Ich kann Schiff, Flugzeug und Bahn“, sagt er lachend. Soll heißen: Er arbeitet an der Schiffschaukel, am Karussell und an der Kindereisenbahn. Das bedeutet aber nicht nur, dass er die Fahrgeschäfte startet. „Ich muss auf die richtige Größe der Kinder achten, auf die Sicherheit der Fahrgäste, und halte den Kontakt zum Publikum.“ Dazu gehört, den Besuchern gewisse Aspekte der Geräte zu erklären und „sich auch mal durchzusetzen, wenn es um das Thema Sicherheit geht“, sagt Brüker, betont aber: „Immer mit einer gewissen Diplomatie.“ Ist die Schlange vor einem Fahrgeschäft mal länger, „verkürze ich die Wartezeit mit einem lockeren Spruch“, erzählt der 62-Jährige schmunzelnd. „Man muss kommunizieren, auf die Menschen eingehen.“

Seine Arbeit als Minijobber habe ihn selbst verändert, hat Brüker festgestellt: „Durch den Umgang mit vielen unterschiedlichen Menschen und Mentalitäten bin ich offener geworden.“ Eine seiner persönlichen Lieblings-Attraktionen ist das Riesenrad: „Es ist langsamer, so hat man mehr Kontakt zu den Besuchern.

In puncto Arbeitszeit gibt es ebenfalls eine gewisse Flexibilität. „In der Saison, wenn gutes Wetter herrscht, sind es auch mal mehr Stunden. Dafür sind es außerhalb der Saison dann entsprechend weniger.“ Doch auch in den Monaten, in denen der Familienpark geschlossen ist, arbeitet Brüker. So ist er bei besonderen Events und Veranstaltungen im Einsatz sowie im Messegeschäft. Hier gibt er Informationen an die Besucher aus und hilft bei der Parkplatz-Regelung. „Es hat auch seinen Reiz“, sagt Brüker, „durch ganz andere Aufgaben.“

Grundsätzlich sind die Einsatzgebiete für Minijobber ebenso vielfältig wie das Alter der Beschäftigten, vom Schüler bis zum Rentner. Sie übernehmen Aufgaben sowohl im gewerblichen Bereich, etwa in der Gastronomie und im Gartenbau sowie oft als Saisonarbeitskräfte, als auch im Privathaushalt.

Im Wunderland freut sich Parkleiter Haci Duman über das große Interesse seitens Rentnern an einem Minijob. „Sie sind pünktlich, zuverlässig, achten sehr auf die Sicherheit unserer Besucher.“ Ihre Motivation sei weniger finanzieller Natur; „sie wollen rausgehen, unter Menschen kommen“. Hinzu komme die zeitliche Flexibilität und die Möglichkeit von Arbeitszeiten unter der Woche. „Aber auch mit Jugendlichen arbeite ich gerne zusammen. Insgesamt brauche ich eine gute Mischung aus jungen und älteren Mitarbeitern, aus Vollzeitkräften für unser festes Team und Aushilfen in den Minijobs.“ Letztere seien aus seiner Sicht für Rentner bestens geeignet, „auch nach 30 bis 40 Jahren der körperlichen Arbeit“.

Ob ein Minijob damit in jedem Fall weiterzuempfehlen ist, „das muss jeder für sich selbst entscheiden“, sagt Walter Brüker. Er jedenfalls habe die für ihn passende Beschäftigung gefunden: „Es macht einfach Spaß.“

Minijob-Zentrale

Weitere Infos rund um das Thema Minijobs gibt es auf der Homepage der Minijob-Zentrale unter www.minijob-zentrale.de.

Michael Bühs

Über den Dächern des Wunderlands: Walter Brüker am Riesenrad, einem seiner Lieblings-Fahrgeschäfte im Familienpark. NN-Foto: MB

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