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Große Einigkeit herrscht bei der Startelf, die Marith Müller-Prießen und Markus Müller ins Rennen schicken würden – einzig bei der Frage nach der Nummer 10 sind sie unterschiedlicher Meinung. Grafik: NN
12. Juni 2024 · Michael Bühs · Niederrhein

„Dank Toni Kroos gibt es eine EM-Euphorie“

Die beiden Ex-Fußball-Profis Marith Müller-Prießen und Markus Müller werfen einen Blick auf den Kader von Bundestrainer Julian Nagelsmann zur EM 2024

NIEDERRHEIN. DFB-Pokal-Siegerin mit dem FCR Duisburg und Bayer Leverkusen, Uefa-Women‘s-Cup-Siegerin mit Duisburg, Champions-League-Siegerin mit dem 1. FFC Frankfurt – Marith Müller-Prießen (MMP) hat in ihrer Fußball-Karriere zahlreiche Erfolge gefeiert. Zudem holte die Wachtendonkerin, die in der Jugend beim TSV Wachtendonk/Wankum und beim SV Walbeck ihre Karriere begann, mit der U20 des DFB den WM-Titel 2010. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Markus Müller (MM), Ex-Profi unter anderem für Erzgebirge Aue und den SV Babelsberg, wirft sie vor dem Eröffnungsspiel der DFB-Elf am 14. Juni gegen Schottland einen Blick auf den Kader von Bundestrainer Julian Nagelsmann.

Torhüter

Manuel Neuer (FC Bayern München/38 Jahre/117 Länderspiele/0 Tore)

MMP: Für mich klar gesetzt als Nummer eins, es gibt auch keinen besseren Torhüter.

MM: Ich sehe es ein wenig differenzierter. Zwar sehe ich Neuer mit seiner Erfahrung auch als Führungsspieler und Nummer eins. Allerdings bleibt die Frage, mit welchem Selbstvertrauen er anreist und wie weit ihm die Fehler in den Spielen gegen Hoffenheim und Madrid nachhängen.

Marc-André ter Stegen (FC Barcelona/32/40/0)

MM: Auch er hat keine überragende Saison gespielt, ist aber dennoch mehr als nur eine Nummer zwei – eher die 1B. Es ist fast schon unfair: In 98 Prozent aller Fälle wäre in einer anderen Nationalmannschaft Stammspieler. Mit ihm hätten wir aber eine richtig gute Alternative im Tor, wenn etwas passieren sollte.

MMP: Er bringt, zusammen mit Neuer, noch mal ein ganz anderes Niveau ins Torwart-Spiel.

Oliver Baumann (TSG 1899 Hoffenheim/33/0/0)

MM: Wenn ich Bundestrainer spielen dürfte, hätte ich Kevin Trapp mitgenommen, aufgrund seiner Erfahrung. Baumann hat, wie Hoffenheim insgesamt, eine Saison mit Ups und Downs hinter sich. Ich sehe ihn als Nummer vier.

MMP: Er wird aus meiner Sicht oft unterschätzt. Er spielt seit Jahren solide seinen Part.

Abwehr

Joshua Kimmich (FC Bayern München/29/84/6)

MM: Seitdem er aus dem zentralen Mittelfeld auf die Rechtsverteidiger-Position gewechselt ist und dort ein Stück weit weniger Verantwortung für die gesamte Mannschaft übernehmen muss, ist er deutlich stabiler und konzentrierter geworden. Zwar hat er das eine oder andere Schnelligkeitsdefizit, mit Mentalität macht er das aber wieder wett.

MMP: Seit er hinten rechts spielt, bekommt er nicht mehr so viel Kritik ab wie zuvor. Dabei gibt es nur wenige Spiele, in denen er wirklich unterirdisch spielt. Er bringt immer seine Leistung.

Robin Koch (Eintracht Frankfurt/27/8/0)

MMP: Er muss sich bei den Innenverteidigern hinten anstellen, hat sich in Frankfurt aber trotzdem gut entwickelt.

MM: Ich durfte 2014 mal gegen ihn spielen, seitdem hat er seine sehr gute Entwicklung genommen. Trotzdem steht er hinten an.

Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart/27/2/1)

MM: Er ist für mich hinten links ein Startelf-Kandidat. Er ist die Überraschung und der Senkrechtstarter der Saison. Er bringt viel Selbstvertrauen, Stabilität und Willen mit – Respekt.

MMP: Ich sehe ihn hinten links gesetzt. Wenn man als so junger Sportler solche tollen Erfahrungen gemacht hat, steigt das Selbstvertrauen extrem. Gefühlt fliegt man über den Platz. Darauf wird Julian Nagelsmann setzen.

Antonio Rüdiger (Real Madrid/31/68/3)

MMP: Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn. Er hat eine gewisse Arroganz auf dem Platz, die man gerade als Innenverteidiger aber auch ab und an haben muss. Er hat sich in der abgelaufenen Saison noch einmal deutlich gesteigert und seine Fehler minimiert. Sowohl bei Real als auch in der Nationalmannschaft hat er sehr ruhig und stabil agiert. Er ist für mich klar gesetzt.

MM: Er spielt unglaublich stabil, ist bei Real gereift und hat sich dort ein Standing erarbeitet. Er besitzt ein riesiger Potenzial und gehört klar in die Startelf.

Nico Schlotterbeck (Borussia Dortmund/24/11/0)

MMP: Zwar wäre meine Wahl bei der Frage nach einem BVB-Innenverteidiger eher auf Mats Hummels gefallen. Dennoch ist Schlotterbeck ein super Spieler, ist recht jung und hat noch Potenzial nach oben. Er ist ein athletischer Spieler, schnell und schaltet sich oft in die Offensive ein.

MM: Er hat einen Vorteil: Er ist der einzige Innenverteidiger, der Linksfuß ist. Das ist gerade im Spielaufbau wichtig, um sein Spiel durchzubringen. Deswegen finde ich seine Nominierung eine logische und richtige Wahl. Gerade mit Blick auf die großen Spiele in der Champions League hat er es verdient, dabei zu sein.

Jonathan Tah (Bayer Leverkusen/28/23/0)

MM: Er war der mit Abstand stärkste und stabilste Innenverteidiger der abgelaufenen Bundesliga-Saison. Zweikampfstark, kopfballstark, stark im Aufbauspiel – er hat sich in Leverkusen zum Führungsspieler entwickelt. Wenn er diese Leistung auch in der Nationalmannschaft bringt – und da ist er auf einem guten Weg –, wird er mit Rüdiger ein richtig gutes Innenverteidiger-Duo bilden.

MMP: Er hat seine Leistung und sein Selbstvertrauen gesteigert. In den Jahren zuvor hatte er immer seine Höhen und Tiefen, in dieser Saison aber kaum Tiefen.

David Raum (RB Leipzig/26/20/0)

MM: Ein grundsolider Spieler, mit viel Zug nach vorne. Bei ihm weiß man, was man bekommt. Er wird sich mit Mittelstädt um die Position des Linksverteidigers streiten.

MMP: Er ist ein sehr guter Ersatzmann für die Position des Linksverteidigers. Er und Mittelstädt sind sich recht ähnlich: klein, aggressiv in den Zweikämpfen.

Waldemar Anton (VfB Stuttgart/27/1/0)

MMP: Er sagt seine Meinung, bringt sich ein. In Stuttgart ist er Führungsspieler und kann dies mit der Zeit auch in der Nationalmannschaft werden – aktuell wird dies allerdings noch nicht von ihm gefordert.

MM: Er hat eine richtig stabile Saison in Stuttgart gespielt. Er ist dabei, um zu lernen und zu wachsen.

Benjamin Henrichs (RB Leipzig/27/14/0)

MM: Ein guter und stabiler Spieler, der seit Jahren seine Leistung konstant bringt. Er ist sehr vielseitig und variabel.

MMP: Er ist ein sehr guter Backup-Spieler für Kimmich. Ein Joker in der Abwehr, auf den man sich verlassen kann – mit versteckten Offensiv-Qualitäten.

Mittelfeld

Robert Andrich (Bayer Leverkusen/29/3/0)

MM: Wenn man die beiden Länderspiele gegen die Niederlande und Frankreich sieht, hat sich mit ihm und Kroos das neue Mittelfeld-Duo gefunden. Sie harmonieren sehr gut. Andrich hat eine super Saison hinter sich, mit Leverkusen das Double geholt und reist daher mit großem Selbstvertrauen an. Er ist der Abräumer vor der Abwehr, den Deutschland so lange vermisst hat.

MMP: Er hat eine super Saison gespielt, hat sich großartig entwickelt. Er ist ein Mentalitätsspieler: dreckig in den Zweikämpfen, lässt sich nichts gefallen. Er neben Kroos – das passt.

Chris Führich (VfB Stuttgart 26/3/0)

MM: Aufgrund seiner aktuellen Form und Leistung hat er es verdient, dabei zu sein. Er bringt eine gute Dynamik mit. Er wird in dem einen oder anderen Spiel für uns sehr wichtig sein – siehe David Odonkor bei der Heim-WM 2006.

MMP: Er ist verdient im Kader, aber kein Spieler für die erste Elf. Er bringt frischen Wind nach seiner Einwechslung, und auch solche Leute braucht man.

Pascal Groß (Brighton & Hove Albion/32/5/0)

MMP: Er wird einige Einsatzminuten bekommen.

MM: Er ist durchaus ein Backup für Andrich. Aufgrund der Spielweise in England ist er sehr zweikampfstark, mit Ball ein sehr guter Verbindungsspieler. Er bringt in der Premiere League konstant seine Leistung.

Ilkay Gündogan (FC Barcelona/33/75/18)

MM: Er ist der Kapitän der Mannschaft – trotzdem bei vielen ein Streitfall. Im Vereinsfußball hat er eine unglaubliche Karriere, in der Nationalmannschaft noch nicht. Es wirkt oft, als würde er mit angezogener Handbremse spielen. Aufgrund seiner Erfahrung, der technischen und spielerischen Klasse aber ist er für mich ein klarer Stammspieler.

MMP: Er ist ein super Spieler, hat bei seinen Vereinen großartige Leistungen gezeigt. In der Nationalmannschaft scheint es, als schwimmt er oft nur mit. Er ist hier nicht der Unterschiedsspieler, der er sein kann. Daher für mich kein Startelf-Spieler – auch wenn es eine harte Entscheidung wäre.

Aleksandar Pavlovic (FC Bayern München/20/0/0)

MMP: Ein junger Spieler, der eine steile Saison hinter sich hat. Ein Rohdiamant, der vom Potenzial her eine große Zukunft vor sich hat. Seine Nominierung ist verdient.

MM: Er hat eine grandiose Entwicklung genommen und sich die Nominierung verdient. Er wird von der Erfahrung von Spielern wie Kroos, Gündogan oder Müller profitieren. Es ist aber die Frage, ob bei einer Heim-EM der richtige Zeitpunkt ist, um zu lernen.

Leroy Sané (FC Bayern München/28/59/13)

MM: Vom Potenzial, seinen Fähigkeiten und der spielerischen Klasse her wäre er eigentlich ein Startelf-Kandidat. Er hat aber auch durch Sperren zuletzt viele Spiele verpasst. Das Fragezeichen steht bei ihm hinter seiner Fitness. Stimmt die, kann er ein Unterschiedsspieler sein.

MMP: Er ist aufgrund der verpassten Spiele kein Startelf-Kandidat, kann aber den Unterschied ausmachen, wenn er von der Bank kommt, und Spiele entscheiden. Wenn er fit ist, wird er seine Einsatzzeiten bekommen.

Florian Wirtz (Bayer Leverkusen/21/16/1)

MMP: Er ist für mich ein Startelf-Kandidat. Er hat eine unfassbare Saison hinter sich. Mit welcher Ruhe und Gelassenheit er auch als Passgeber agiert hat, war beeindruckend.

MM: Er ist nicht umsonst Spieler der Saison geworden und klarer Startelf-Kandidat. In den wichtigen Spielen ist er aus meiner Sicht gesetzt: Technik, 1:1-Spiel, Passqualität, Abschluss – der Junge hat alles. Und er ist noch nicht fertig.

Toni Kroos (Real Madrid/34/108/17)

MM: Er ist der Grund, weshalb es wieder eine gewisse Euphorie bei uns im Land gibt. Früher verschmäht als „Querpass-Toni“, soll er jetzt der Heilsbringer sein. Er hat immer ein Niveau, und das ist auf Weltklasse. Er wird im Ausland viel mehr geschätzt als in Deutschland. Die Titel, die er gewonnen hat, und die Leistungen, die er gezeigt hat, sind einzigartig. Und ich wünsche ihm sehr, dass er noch einen weiteren Titel holt: den EM-Titel.

MMP: Ein unfassbarer Spieler. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass er in Deutschland nie die Wertschätzung erfahren hat wie im Ausland. Er bestimmt zu großen Teilen das Tempo des Spiels, kann es schnell machen, aber auch verlangsamen. Wir können uns glücklich schätzen, einen Spieler wie ihn wieder bei der Nationalmannschaft begrüßen zu dürfen.

Jamal Musiala (FC Bayern München/21/27/2)

MMP: Er hat eine richtig gute Entwicklung genommen, ist etwas lockerer geworden in Bezug auf die Erwartungen an ihn – und ein Startelf-Kandidat.

MM: Es gibt nur ein Wort, das ihn beschreibt: Wow! Er kommt mit seinen Dribblings auch gegen drei, vier Gegner durch, hat einen starken Abschluss und eine Beweglichkeit, die ihresgleichen sucht.

Sturm

Niclas Füllkrug (Borussia Dortmund/31/15/11)

MM: Bei seinem ersten Profispiel in 2011 durfte ich dabei sein. Super – trotzdem kein Startelf-Kandidat. Aber die WM 2022 hat gezeigt, was er auch bei kurzen Einsatzzeiten „anrichten“ kann. Mit seinen Stärken werden wir viel Freude an ihm haben.

MMP: Sobald er eingewechselt wird, verändert er das deutsche Spiel. Er ist ein typischer Stoßstürmer, der vorne reingeht, aber auch sehr gut die Bälle festmachen und mitspielen kann. Er bringt eine gute Qualität von der Bank mit.

Kai Havertz (FC Arsenal/24/44/15)

MMP: In Deutschland, ähnlich wie Kroos, eher unterbewertet. Er ist ein sehr kompletter Spieler: Er bringt eine gute Technik und Schnelligkeit mit und weiß, wo das Tor steht.

MM: Ich liebe den englischen Fußball und habe die Liga genau verfolgt. Vor der Saison war er als zu teuer verschmäht – aber er hat alle Kritiker Lügen gestraft. Er hat eine sehr stabile Saison gespielt, ist ein Top-Torschütze und bringt inzwischen auch eine gewisse Erfahrung mit. Er hat seinen Torriecher wiedergefunden und gehört so in die Startelf.

Deniz Undav (VfB Stuttgart/27/1/0)

MM: Er ist zurecht in der Nationalmannschaft. Er ist ein Mix aus Füllkrug und Müller – vielleicht nicht ganz so stark, aber er gibt immer 100 Prozent. Und er bringt eine gewisse Lockerheit mit, was für eine Mannschaft bei einem längeren Turnier sehr wichtig sein kann.

MMP: Er ist verdient dabei, hat eine super Saison gespielt. Wenn man einen Spieler wie ihn dabei hat, wird es nie langweilig. Er kann die Stimmung anheben.

Thomas Müller (FC Bayern München/34/128/45)

MMP: Zu ihm braucht man eigentlich nicht viel zu sagen. Er ist ein absoluter Weltklasse-Spieler. Zwar wird er von vielen für die Art belächelt, wie er läuft und agiert, aber die Statstiken sprechen für sich. Gerade im Angriffspressing kann Müller junge Spieler um sich herum lenken und anfeuern, wohin sie zu laufen haben.

MM: Er ist nach wie vor absolute Weltklasse, gerade in Sachen Kommunikation. Das ist extrem wichtig für eine Mannschaft. Seine aktuelle Form ist gut, wir haben da aber stärkere Spieler. Dennoch ist er völlig zurecht dabei.

Maximilian Beier (TSG 1899 Hoffenheim/21/0/0)

MMP: Er hat eine super Saison gespielt und sich sehr gut entwickelt. Er hat noch viel vor sich. Dennoch wird er sich hinten anstellen müssen.

MM: Für mich kommt seine Nominierung, trotz seiner guten Leistungen in Hoffenheim, noch etwas zu früh. Über kurz oder lang sehe ich ihn aber als festen Bestandteil der Nationalmannschaft.

Michael Bühs

Große Einigkeit herrscht bei der Startelf, die Marith Müller-Prießen und Markus Müller ins Rennen schicken würden – einzig bei der Frage nach der Nummer 10 sind sie unterschiedlicher Meinung. Grafik: NN

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