Bilder sind Tatorte: Ausstellung im Treppenhaus

KLEVE. Die Ausstellungen im Treppenhaus an der Spyckstraße 29 in Kleve hören auf den Beinamen ‚klein, aber fein‘ und offenbaren künstlerische Positionen, die man ansonsten eher  im Galeriebetrieb zu sehen bekommt.

Akademie, Werbung, Schule

Thomas Brokamp ist Veranstalter und Einlader. Für die neue Ausstellung „Was der Alltag unbemerkt entäußerte“, hat er den aus Freiburg stammenden und mittlerweile als Kunsterzieher in Bocholt lebenden Künstler Deglef Seeger eingeladen. Seeger studierte an den Kunstakademien in Karlsruhe und Düsseldorf, arbeitete zehn Jahre in der Werbung und ist seit 2008 Kunstlehrer am Mariengymnasium in Bocholt.

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Rand als Mitte, Welt als Lupe

Man steigt durch die Ausstellung – treppauf, treppab – und hat Splitter der Seeger-Biografie im Kopf. Irgendwie, denkt man, findet sich all das in den Arbeiten: Da ist das – manchmal fast schrill daherkommende – Farborchester der Werbung, aber da ist immer auch der in einem scheinbaren Gegensatz dazu stehende „stille Blick“ des Künstlers, der die Welt zur Lupe macht; der sich den vermeintlichen Nebendarstellern widmet und sie in den Mittelpunkt rückt. Seeger bietet mannigfaltige Ansätze, die am Anfang fast eindruckshinderlich daherkommen. Dann begreift man, dass es nicht um die unterschiedlichen formalen Ansätze geht, sondern eben um das Zentralisieren des Randes.

Verborgene Strukturen

Seeger über Seeger: „Mich interessieren verborgene Kompositionsstrukturen in der mich umgebenden Welt und ein Balance-Spiel zwischen Zwei- und Dreidimensionalität bei der gegenständlichen Darstellung.“ Es geht, denkt man, nie einfach um die Zurschaustellung des Gesehenen. Es geht nicht um den Beweis, dass einer in der Lage ist, „Wiedererkennungsmalerei oder -zeichnung” abzuliefern. Es geht um den Weltblick. Jedes Kunstwerk ist ein Tatort und als Hinseher ist man Profiler.

Der Beobachter als Detektiv

Da ist – neben der Botschaft des Realen – immer ein Motivhintergrund zu entdecken. Eine Motivlage zu finden. Die „versteckt“ sich nicht selten hinter einem scheinbar klar definiert dargestellten Sujet. Der Detektiv im Beobachter ist gefragt: Da ist eine Komposition aus Farbe, Raum und Linien, die gegeneinander antreten. Das ist die eine Ebene. Da sind eine geflieste Wand, ein Stapel Bücher – oder sind es Handtücher? Zeitungen?– und ein Wasserkran. Ein irgendwie absurdes Ensemble. (Was der Alltag unbemerkt entäußerte.) Komposition? Reales Geschehen?

Blick ins Treppenhaus. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Jeder Blick ein Bild

Seeger reiht Blicke aneinander. Jeder Blick ein Bild. Jedes Bild eine Aufgabe. Hat man den Zugang gefunden, wirkt sich mit einem Mal die Platzierung der Arbeiten in einem Treppenhaus heilsam aus: Blick von oben, Blick von unten, Frontalansicht – all das mischt sich zu einem Ensemble des irgendwie Absurden.

Füllhorn

„Die Welt, die uns umgibt, ist ein unerschöpfliches Füllhorn an ästhetischem Material, das sich wundert, warum es so wenig benutzt wird“, sagt Seeger. Und er sagt auch: „Selbst größte Banalitäten wie ein Badstutzen oder eine einfache Ecke, bestürmen uns mit dem Angebot, unterschiedlichste Betrachtungs-Ausschnitte zu wählen.“

Eröffnung

Die Ausstellung im Treppenhaus, Spyckstraße 29, in Kleve ist noch bis zum 9. Juni (dienstags zwischen 17 und 19 Uhr oder nach Absprache: brokampkleve@aol.com, 02821 9776672) zu sehen. Die Eröffnung findet am Sonntag, 5. Mai, um 11 Uhr statt. Es spricht: Werner Steinecke. Den musikalischen Part bestreitet der Gitarrist Thomas Geisselbrecht.

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